Ein Memorandum des Kindes an den Erzieher aus „Erziehen mit Maria Montessori“
- Verwöhne mich nicht. Ich weiß sehr gut, dass ich nicht alles was ich verlange haben muss. Ich teste dich ja nur.
- Hab keine Angst, bestimmt mit mir umzugehen. Ich ziehe es vor, dann weiss ich nämlich, woran ich bin.
- Zwing mich nicht. Das lehrt mich, dass nur Macht zählt. Ich reagiere besser auf Anleitung.
- Sei nicht wechselhaft. Das verwirrt mich und ich versuche um so mehr, alles zu erreichen, was ich will.
- Mach keine Versprechungen. Es könnte sein, dass du sie nicht einhalten kannst. Das erschüttert mein Vertrauen zu dir.
- Falle nicht auf meine Herausforderungen herein, wenn ich etwas sage oder tue, um dich aus der Fassung zu bringen. Dann werde ich versuchen, noch mehr solche „Siege“ zu erringen.
- Sorge dich nicht zu sehr, wenn ich sage: “Ich hasse dich.“ Ich meine es nicht so. Ich möchte nur, dass es dir leid tut, wenn du mir etwas angetan hast.
- Tu nichts für mich, was ich selber tun kann. Dann fühle ich mich wie ein Baby und werde dich weiterhin in meinen Dienst stellen.
- Befasse dich nicht zu sehr mit meinen schlechten Gewohnheiten, das veranlasst mich, sie zu behalten.
- Versuche nicht, mein Benehmen während eines Streites zu besprechen. Aus bestimmten Gründen kann ich zu dieser Zeit nicht gut zuhören und meine Mitarbeit ist noch schlechter. Du kannst ja handeln, aber besprechen sollten wir es später.
- Versuche nicht zu predigen. Du würdest dich wundern, wie gut ich weiß, was richtig und falsch ist.
- Sag mir nicht, dass meine Fehler Sünden sind. Ich muss lernen, dass ich mir Fehler erlauben kann, ohne deshalb zu glauben, dass ich schlecht bin.
- Nörgle nicht. Um mich zu schätzen muss ich tun, als ob ich taub wäre.
- Verlange keine Erklärung für mein falsches Benehmen. Ich weiß wirklich nicht „warum“ ich es getan habe.
- Stelle meine Ehrlichkeit nicht in Frage. Ich bekomme leicht Angst und erzähle dann Lügen.
- Vergiss nicht, dass ich gerne etwas ausprobiere. Ich lerne dadurch, darum lass mich doch.
- Schütze mich nicht vor den Folgen meines Verhaltens. Ich muss aus Erfahrung lernen.
- Schenke meinen kleinen Leiden nicht zu viel Aufmerksamkeit. Es könnte sonst sein, dass ich Leiden oder eine schwache Gesundheit schätzen lerne, wo sie mir soviel Aufmerksamkeit einbringt.
- Eine ehrliche Entschuldigung erzeugt in mir warme Gefühle dir gegenüber.
- Deute nie an, dass du perfekt und unfehlbar bist. Du wärst ein zu großartiges Vorbild für mich.
- Sorg dich nicht, dass du zu wenig Zeit für mich hast. Was zählt ist, dass wir diese Zeit miteinander verbringen.
- Werde nicht ängstlich, wenn ich mich fürchte. Zeige mir lieber Mut.
- Vergiss nicht, dass ich mich ohne viel Ermutigung und Verständnis nicht entwickeln kann. Behandle mich, wie du deine Freunde behandelst, dann werde ich auch dein Freund sein.